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Luggau

Tschechischer Name: Lukov

Fläche: 1.402 ha

Einwohner 1910: 433 in 104 Häusern (429 dt. Ew.), 1930: 445 in 108 Häusern (402 dt. Ew.), 2010: 259 (Die angegebenen Einwohnerzahlen beziehen auch jene aus Neudorf mit ein)

heutiger Verwaltungsbezirk: Znojmo (Znaim)

Matriken: seit 1705.

Lage:

Luggau liegt 12 km westlich von Znaim (Znojmo), auf halbem Weg nach Frain (Vranov) auf 416 m Meereshöhe. Nachbarorte sind Bezkov (Weskau) im Nordosten, Baumöhl (Podmolí) im Osten, Milleschitz (Miličovice) im Norden und Oberfröschau (Horní Břečkov) sowie Zaisa (Čížov) im Nordwesten. Südlich und westlich grenzt das dicht bewaldete Gebiet des Nationalparks (Národní park) Podyji an Luggau. Bei der Anlage handelt es sich um ein charakteristisches Dreiecksangerdorf.

Geschichte:

Womöglich bestand das Dorf schon 1190. Ob es mit dem in der Stiftungsurkunde des Klosters Bruck genannten Ort Prilucea“ identisch ist, ist nicht einwandfrei geklärt. Jedoch bestätigte der Olmützer Bischof im 13. Jh. dem Kloster die Rechtmäßigkeit des Großen Zehents zu Luggau. So kann angenommen werden, dass Luggau zu den 22 Dörfern gehört mit denen das Kloster bei seiner Gründung ausgestattet wurde.

1284 ist erstmals die Pfarre St. Georg in „Lucaw“ beurkundet. 1358 übergibt das Kloster Luggau dem mährischen Markgrafen Johann Heinrich, der dafür das Dorf Panditz (Bantice) dem Prämonstratenserstift überlässt.

Der Markgraf ließ um 1360 die Burg Neuhäusel (Nový Hrádek) erbauen. Luggau und Neuhäusl bildeten ab diesem Zeitpunkt eine herrschaftliche Einheit. 1403 verkaufte des Markgrafen Sohn Jodokus Burg und Dorf. In Folge fand ein häufiger Besitzwechsel statt.

1558 erhielt Luggau von Kraiger von Kraig das Marktrecht (bis 1864). Davon zeugen der Pranger (Jahreszahl 1609) und das Gemeindesiegel, das einen dreitürmigen Torbau zeigt „Miesteczko Lukow“. Um 1600 ist ein Brauhaus am herrschaftlichen Gutshof im Ort belegt.

1618 erwarben aufgrund der Enteignung der evangelischen Adeligen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges die Frainer Grafen Althan die Besitzrechte.

In der Reformationszeit wurde der Ort lutherisch. So wurde 1574 von Esther von Dietrichstein ein evangelischer Pastor eingesetzt. Durch die Gegenreformation nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Pfarre allerdings wieder katholisch. Zu diesem Zeitpunkt hatte Luggau durch die Kriegswirren nur noch 140 Einwohner.

Der Ortsteil Neudorf entstand 1798 aus einem Meierhof, als der damalige Inhaber der Frainer Herrschaft, Baron Josef Hillgartner Ritter von Lilienborn, diesen in eine „Kolonie“ umwandelte (im Jahr 1945, vor der Vertreibung der deutschen Bevölkerung, bestand Neudorf aus 32 Häusern).

1803 erklärte der Luggauer Pfarrer bei einer Predigt, dass der Kaiser ihm die Herrschaft Frain (Vranov) geschenkt habe und die Bauern keine Abgaben mehr zu zahlen bräuchten. Bald trafen aber kaiserliche Soldaten ein und verhafteten den Pfarrer, den Lehrer und zwölf Bauern. Sie erhielten lange Kerkerstrafen.

1805 und 1809 kam es zu einem Durchzug französischer Truppen, verbunden mit Übergriffen und Restributionen.

Im Ersten Weltkrieg fielen 27 Luggauer, im Zweiten 23. In der Zeit der Zugehörigkeit zum nationalsozialistischen Deutschen Reich von 1938 bis 1945 war Baumöhl (Podmolí) in Luggau eingemeindet. Als Gemeinde wurde Luggau zu jener Zeit vom Kreis Znaim (Znojmo) verwaltet.

Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945/46: Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die deutsche Bevölkerung des Ortes bis auf fünf Personen über die nahe Grenze nach Österreich vertrieben. Bis auf 22 Familien wurden die restlichen ehemaligen Luggauer 1946 nach Deutschland weiter transferiert.

Um 1950 enstanden erste Grenzsperren in den Thayawäldern, nach 1968 eine zweite Sperre direkt hinter dem Ort. Diese ehemalige Sperrlinie („Eisener Vorhang“) bildet seit 1991 im Bereich von Luggau die Grenze des Nationalparks (Národní park) Podyji. Am Ortsrand der Nachbargemeinde Zaisa (Čížov) wurde noch ein Teil der Grenzbefestigung (Zaun mit Wachturm) als Mahnmal belassen. Aus den meisten Bauernhäusern wurden Zweitwohnsitze der Städter. Die Einwohnerzahl lag 1994 etwa bei 200. Es gibt aber noch ein Verzeichnis der Hausbesitzer bis 1945.

1990 wurde im nahen österreichischen Hardegg von ehemaligen Luggauern ein Denkmal zum Gedenken an ihre alte Heimat und ihre Vertreibung mit Spendengeldern und aus Eigenmitteln auf einem von Graf Pilatti zur Verfügung gestellten Grund errichtet.

Seit 2008 ist Luggau wieder ein Městys (Minderstadt=Markt).

Wirtschaft und Infrastruktur:

Landwirtschaft: Neben dem Ackerbau (654 ha) spielte in Luggau vor allem die Viehzucht eine große Rolle (Pferde, Kühe, Schweine). Nahezu die Hälfte der Gemeindefläche nahm um 1900 Wald ein (625 ha).

Gewerbe: zwei Mühlen (Neuhäusel mit Säge, Umlaufmühle), Bäcker, Schmied, Wagner, Schneider, Sattler, Schuhmacher, Hebamme.

Bildung: Volksschule (Neubau 1841-45, erweitert 1897), zweiklassig; ein Lehrer wurde bereits 1706 genannt, Schulchronik seit 1787. Kindergarten

Sonstige Einrichtungen: Freiwillige Feuerwehr (1908), Spar- und Darlehenskassenverein (1901).

Kulturerbe:

Die Pfarrkirche St. Ägidius stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahre 1749 erfolgte der Neubau der Kirche zum hl. Ägidius durch die Frainer Patronatsherrin Gräfin Pignatelli. Die Hochaltarbilder stammen von Joseph Winterhalter aus dieser Zeit. Der Seitenaltar ist im Rokoko-Stil gestaltet, Kanzel und Orgel wurden 1775 gebaut. Fünf barocke Statuen und zwei Rokoko-Kreuze stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Weiters wurde die Kirche in den Jahren 1821 und 1931 restauriert. An der Kirche befinden sich ein Pranger und ein Wachterhäusel. Die Glockenweihe fand im Jahre 1928 statt.

Weitere Baudenkmäler im Ort: Pfarrhaus, Statue hl. Florian (1830), Pranger (1609).

Ruine Neuhäusel (Nový Hrádek): Bereits ab dem 9. Jahrhundert dürfte auf dem Platz der heutigen Ruine eine Schutzburg des Templerordens gestanden haben, was jedoch nicht sicher belegt ist. 1358 wurde die untere Burg unter Markgraf Johann Heinrich von Luxemburg erbaut, danach wechselten verschiedene Besitzer (darunter auch die Eitzinger, welche die Burg Kaja am gegenüberliegenden Thayaufer besaßen). Im 15. Jh. wurde die Anlage um die „Obere Burg“ erweitert. Ab 1617 war die Burg im Besitz der Herren von Althan. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg 1645 von schwedischen Truppen beschädigt. Daraufhin wurde die untere Burg aufgegeben und dem Verfall preisgegeben. Die obere Burg wurde noch einmal in Stand gesetzt und als Jagdschloss bzw. Sommerresidenz verwendet. Unterhalb der Burg lag die Neuhäuselmühle, ein Komplex von ca. 10 Gebäuden. Besitzer war Konrad Wieninger. In den 1930er Jahren war ein Wirtshaus mit Gastgarten im Burghof eingerichtet. 1920 wurde die Ruine vom neuen tschechoslowakischen Staat konfisziert und ist seitdem in Staatsbesitz. Nach der Errichtung der Grenzbefestigungen in den 1950er Jahren lag die Ruine im streng bewachten Grenzgebiet und ist erst seit 1989 wieder zu besichtigen. Sie liegt heute in der Kernzone des Nationalparks Podyjí.

Persönlichkeiten:

  • Adalbert Dungel (*2. Juni 1842, +10. Juli 1923 Stift Göttweig), Priester, Abgeordneter und Reichsrat.

heimatkundliche Literatur:

Gregor, Gustav: Geschichte der Marktgemeinde Luggau. 1957.

Weblinks:

 

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