Wenkerschlag
Tschechischer Name: Dolní Radouň, bis 1947 Německý Radouň
Fläche: 1.451 ha
Einwohner 1910: 624 in 129 Häusern (561 dt. Ew.), 1930: 586 in 126 Häusern (470 dt. Ew.), 2001: 214.
heutige Gemeindezugehörigkeit: Jindřichův Hradec (Neuhaus)
heutiger Verwaltungsbezirk: Jindřichův Hradec (Neuhaus)
Matriken: seit 1651 bei Riegerschlag (Lodhéřov).
Lage:
Wenkerschlag liegt 5 km nördlich von Neuhaus (Jindřichův Hradec), auf 494 m Meereshöhe und ist als Straßendorf mit den Ortsteilen Holzmühle, Lipal und Traschhof angelegt. Nördlich liegt der „Deutsche Berg“ (554 m).
Geschichte:
Die älteste erhaltene urkundliche Erwähnung stammt von 1256 als „Radvina magna“. Das Dorf gehörte zur Herrschaft Neuhaus (Jindřichův Hradec). Im 14. und 15. Jh. erscheint der Name „Radun Theutonicalis“, der auf die deutsche Besiedlung hinweist. Der Name „Wenkerschlag“ ist auf dem Gemeindesiegel von 1658 ersichtlich. Das Dorf dürfte allerdings durch die Folgen des Dreißigjährigen Krieges verödet sein. Er wurde im 18. Jh. planmäßig neu besiedelt. Ob sich der von da an gebräuchliche deutsche Name „Wenkerschlag“ vom hl. Wendelin oder von einem Siedler namens Wenker ableitet, ist unklar.
Als der Flachsanbau im frühen 20. Jh. unrentabel geworden war, begann eine Abwanderung aus Wenkerschlag.
1903 wurde die Bezirksstraße durch den Ort gebaut und 1906 erhielt er eine Haltestelle an der Lokalbahn.
Von 1925 bis 1928 wurden durch Melioration versumpfte Weiher in Wiesen umgestaltet. Durch die in dieser Zeit durchgeführte Bachregulierung entstanden vierzehn Betonbrücken.
1939 wurde die gesamte Ernte durch ein Unwetter vernichtet. Durch die Nationalsozialisten wurde Wenkerschlag von 1938-1945 dem neu gebildeten Landkreis Neubistirtz (Nová Bystřice) im „Reichsgau Niederdonau“ einverleibt.
Vertreibung 1945/46:
Von den tschechischen „Revolutionsgardisten“, die im Mai 1945 in den Ort kamen wurden zwei Männer verhaftet und alle deutschen Einwohner innerhalb einer halben Stunde dazu genötigt, ihre Häuser zu verlassen. Von den dabei genommenen Geiseln starben später zwei an den Folgen ihrer Verletzungen. Über Neuhaus (Jindřichův Hradec), wo die Menschen 48 Stunden auf dem Viehmarktplatz verbringen mussten, und Neubistirtz (Nová Bystřice) wurden sie zunächst zu Fuß und dann per Bahn über die österreichische Grenze verfrachtet. Nur 12 Familien konnten in Österreich bleiben während der Rest auf Verlangen der sowjetischen Besatzungsmacht nach Deutschland abgeschoben wurde.
1980 erfolgte die Eingemeindung von Wenkerschlag in Jindřichův Hradec (Neuhaus).
Wirtschaft und Infrastruktur
Landwirtschaft: Anbau von Roggen, Hafer, Klee und Kartoffeln; Flachsanbau vor allem bis 1880, Milchproduktion (1910: 707 Rinder), Imkerei (1910: 36 Bienenstöcke).
Gewerbe: Mühle mit Ölpresse, Meierhof, Gemischtwarenhandlung (Kaufhaus), Kleingewerbe.
Einrichtungen: zweiklassige Volksschule (1863), tschechische Schule in der Mühle (1925), Armenhaus, Poststelle (zum Postamt Riegerschlag/Lodhéřov), Elektrifizierung 1928/29, Personenhaltestelle der Bahnlinie Neuhaus-Wobratein (1906), Freiw. Feuerwehr, Feuerversicherungsverein.
Wappen und Siegel:
Das vom Grafen Slawata von Chlum und Koschumberg verliehene Gemeindesiegel zeigt einen auf den Hinterfüßen stehenden Bären der in seinen Vorderpranken einen Spitzschild hält mit der Aufschrift „Wenkerschlag 1658“.
Kulturerbe:
Filialkirche Mariae Himmelfahrt 1878 nach Planen v. J. Purkyt aus Neuhaus (Jindřichův Hradec) erbaut. 17,5 m langes u. 10,5 m breites Langhaus; Presbyterium mit Fünfachtel-Schluss. Vorgebauter zweigeschossiger Turm mit achteckigem Helm. Altarbild und Kreuzweg von B. Kamaryt; Glocke 1892 von Hilzer in Wr. Neustadt gegossen. Eingepfarrt in Riegerschlag (Lodhéřov), Ziel von Prozessionen aus Nachbargemeinden (sogenannte „Kreuzscharen“).
heimatkundliche Literatur:
- Hanslovsky, Richard: Dörfer an der südböhmischen Sprachgrenze: Zum Beispiel Wenkerschlag, 2002.
- Führer, Johann/Longin, Franz: Wenkerschlag. Kreis Neubistritz. Südböhmen, 1984.
zurück zum Ortsnamenverzeichnis deutsch, zurück zum Ortsnamenverzeichnis tschechisch