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Grusbach

Tschechischer Name: Hrušovany nad Jevišovkou

Ortsansicht von Grusbach

Pfarrkirche des hl. Stephan in Grusbach

Schloß Grusbach

Fläche: 2.339 ha

Einwohner 1910: 2.569 in 454 Häusern (2.371 deutsche Ew.), 1930: 2.945 in 660 Häusern (2.164 deutsche Ew.), 2010: 3.268.

heutiger Verwaltungsbezirk: Znojmo (Znaim)

Matriken: seit 1676

Lage:

Grusbach liegt in der Thaya-Schwarza-Talsenke südwestlich des Bruska-Berges (213 m) auf 181 m Seehöhe.
Nachbarorte sind Leipertitz (Litobratřice) im Norden, Dürnholz (Drnholec) und Fröllersdorf (Jevišovka) im Osten, Grafendorf (Hrabětice) und Schönau (Šanov) im Süden und Probitz (Pravice) im Nordwesten.

Geschichte:

Der Fund eines Beingrabes aus der Glockenbecherkultur lässt auf eine sehr frühe Besiedlung seit der späten Jungsteinzeit (Neolithikum) schließen. Ebenso wurde 1925 ein bronzezeitliches Grab freigelegt.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde „Grusovaz“ 1131 als Besitz von drei Hufen Land der Kirche von Znaim (Znojmo) erwähnt worden war. Die Namensschreibung änderte sich im Lauf der Zeit: Eine Urkunde von 1158, über eine Schenkung König Vladislavs II. (Přemysliden) an den Johanniterorden in Prag, berichtet von „Grusovan“ und 1365 ist von „Ruspach“ die Rede.

In den Kriegen gegen die Hussiten war die Burg Grusbach von diesen bis 1428 besetzt worden, bevor sie Johann Kraiger von Kraigk zurückeroberte.
1490 erwarben die Weitmühler die Herrschaft.
Mit Privileg vom 28. April 1495 erhielt „Gruspach“ als Mittelpunkt einer Herrschaft von König Vladislav II. (Jagiellonen) Marktrechte. Anlässlich wiederholter Besitzwechsel wurden diese Rechte bestätigt, so 1524 (Verkauf an die Pernsteiner) und 1557 (unter den Pernsteinern; 1560 Verkauf an Johann den Älteren von Zierotin) und wieder 1622, als Seyfried Christoph von Breuner die Herrschaft von Grusbach übernommen hatte.

In der Zeit der Reformation wurde Grusbach evangelisch-lutherisch. Im Jahr 1619 plünderten und brandschatzten kaiserliche Truppen den Ort. Durch die Gegenreformation wurde Grusbach schließlich wieder katholisch.
Dem Geschlecht der Breuner folgten 1668 die Grafen Althan, die fast 200 Jahre die Geschicke des Marktes bestimmten.

1710 wurden die Marktrechte durch Kaiser (bzw. König) Joseph I. bestätigt.
Mehrere Großbrände zerstörten zwischen 1783 und 1832 weite Teile des Ortes.
1840 fiel die Herrschaft Grusbach an Kammel Edle von Hardegger.
1848 endeten die Patrimonialherrschaften und Grusbach wurde zu einer Gemeinde im politischen Bezirk Znaim (Znojmo).
Seit 1880 waren die Grafen Khuen-Belasy Gutsherren in Grusbach.

1909 war Kaiser Franz Joseph I. anlässlich eines Manövers auf der Durchfahrt und hielt sich eine Weile am Bahnhof Grusbach auf, wo er sich von der Menge huldigen ließ. Dabei bekam ein kleines Mädchen für seinen Vortrag eines Gedichtes eine goldene Armkette mit Brillanten geschenkt.

Der Erste Weltkrieg forderte 65 Opfer aus dem Ort an der Front.

In der Ersten Tschechoslowakischen Republik wurden vom Besitz der Familie Khuen-Belasi fast 2.000 ha enteignet und das Land auf die neuen tschechischen Siedler verteilt.

Zwischen 1938 und 1945, während der nationalsozialistischen Herrschaft, gehörte Grusbach zum Kreis Znaim (Znojmo).

Unter den Kriegsopfern des Zweiten Weltkrieges waren 131 Grusbacher. Durch Kampfhandlungen direkt in Grusbach kamen neun Menschen ums Leben.

Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945/46:
Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen im Mai 1945 kam es zu Plünderungen und Vergewaltigungen. Wochen später kamen tschechische Revolutionsgarden und begannen Häuser zu besetzen. Im Schulgebäude wurden massenweise Misshandlungen an deutschen Einwohnern vollzogen. Am 17. Mai wurden neun männliche Grusbacher, teils ehemalige Nationalsozialisten, in den Zellen des örtlichen Gendarmeriepostens festgesetzt und vier Tage später im Arbeitshaus von Znaim (Znojmo) stundenlang gefoltert. Ein Mann wurde zu Tode geprügelt, während ein anderer Selbstmord beging. Am 22. Mai wurden die restlichen Männer in das Lager Mannsberg gebracht. Zwei weitere Einwohner starben an den Misshandlungen, einer erhängte sich und zwei Burschen starben durch eine Handgranate, die von tschechischen Jugendlichen auf sie geworfen wurde. Einige Grusbacher wurden zur Zwangsarbeit ins Landesinnere verschleppt.

Viele Einwohner flohen vor den Exzessen nach Österreich. Schlussendlich wurden alle Deutschen mit Transporten abgeschoben. Zwischen dem 22. Juni 1946 und dem 18. September 1946 erfolgte der Transfer der noch verbliebenen Ortsbewohner (206) nach Westdeutschland. Im Ort blieben 64 tschechische und 38 deutsche Familien, der Rest des Ortes wurde neu besiedelt. 195 Familien konnten in Österreich bleiben, der Rest wurde nach Deutschland weiter transferiert. Insgesamt mussten sich 503 Familien in Deutschland eine neue Bleibe aufbauen.

In der Nähe des Ortes wurde mit Hilfe von polnischen Spezialisten im Jahr 1970 eine der größten und modernsten Zuckerfabriken der damaligen ČSSR errichtet (heute Agrana).

Im Februar 1996 erhielt Grusbach, als Bestandteil der neuen Tschechischen Republik nunmehr Hrušovany nad Jevišovkou, Stadtrechte.

Wirtschaft und Infrastruktur:

Landwirtschaft: Der Weinbau spielte eine bedeutende Rolle (28 ha um 1900). Mit 1.817 ha war jedoch der größte Teil der Nutzfläche Ackerland.

Gewerbe: Zuckerfabrik (1848-1851 erbaut); die Fabrik gehörte in der Zeit des „Dritten Reiches“ zur Landwirtschaftlichen Zuckerindustrie-AG wie jene Fabriken in Hohenau, Tulln, Lundenburg (Břeclav) und Pohrlitz (Pohořelice); Ziegelei (1891 erbaut, 1939 stillgelegt), Ringofen (1850), Mühle (1925, alte Mühle von 1772), Lagerhaus, florierendes Kleingewerbe (verschiedene Händler und Handwerker)

Einrichtungen: Spital (1878, später Post- und Gendarmerieposten), Rathaus (1856), Postamt (1863), Bahnhof (1870), Raiffeisenkasse (1895), Kino im Gasthaussaal (1940), Feuerwehr (1892) mit Gerätehaus (1893), Elektrifizierung (1930)

Wappen:

Wenn auch eine Urkunde Kaiser Ferdinands vom 27. Jänner 1562 nur in einer Abschrift erhalten ist, konnte der dort eingeschobene Wortlaut der Urkunde Wladislaw II. vom 28. April 1495 festgestellt werden.
Das Schild ist blau gefärbt mit zwei entgegengesetzt schwimmenden silbernen Fischen übereinander, begleitet von vier silbernen Rosenblüten.

Kulturerbe:

Pfarrkirche St. Stephan (Pfarre urkundlich 1339): Rokokobau aus 1758. Hochaltarbild von Josef Ignaz Weidlich; zwei Seitenaltare; Kanzel; Taufkessel; klassizistische Orgel 1787; Westturmfassade; Kreuzweg von Josef Ritter von Führich.

Schloss: drei zweigeschossige Flügel um den Ehrenhof, erbaut 1669, 1840 umgebaut. Im Waldgebiet Schloss Emmahof. Wandmalereien von Alfons Mucha 1885/88.

Schloss Emmahof (Emin zámek)„: aus 1882, neobarock, vier Kilometer westlich im Wald gelegen, Innenausgestaltung durch Alfons Mucha.

Grabkapelle und Ehrengrab von Max Dvořák auf dem Friedhof.

barocke Statuengruppe Hl. Dreifaltigkeit: mit Gnadenstuhl auf Wolkensäule von 1711 mit Statuen der Heiligen Josef und Anna an den Seiten

Bildsäulen: hl. Florian 1714; hl. Felix, hl. Rochus, hl. Antonius und Johann v. Nepomuk 1724; hl. Florian 1. Hälfte 18. Jh. und Joh. v. Nepomuk 1714.

Persönlichkeiten:

  • Max Dvořák (24. Juni 1874 Raudnitz/Roudnice nad Labem; † 8. Februar 1921, Grusbach), Kunsthistoriker
  • Ludwig Galasek (*27.Januar 1897, +18. November 1978 Hillscheid), Porzellankünstler
  • Dominik Kammel Edler von Hardegger (*4.Mai 1844, +8.Dezember 1915), Naturforscher und Mitglied einer Expedition nach Nordost-Afrika.

heimatkundliche Literatur:

  • Brandl, Emma: Mein Heimatort Grusbach, 1952.
  • Hörmann, Karl: Die Herrschaften Grusbach und Frischau unter den Herren Breuner (1622 – 1668), 1997.
  • Smolík, Josef/ Štoudek: Jiøí 850 let Hrušovan nad Jevišovkou, 1981.
  • Wolf, Pepperl: Unvergessenes Grusbach, 1986.

Weblinks:

Genealogie:

Blum, Robert: Personenverzeichnis Grusbach

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