Gurdau
Tschechischer Name: Kurdějov
Fläche: 906 ha
Einwohner: 945 in 210 Häusern (937 deutsche Ew.), 1930: 965 in 217 Häusern (917 deutsche Ew.), 2010: 383.
heutiger Verwaltungsbezirk: Břeclav (Lundenburg)
Matriken: 1742
Grundbücher: 1590
Lage:
230 m über dem Meeresspiegel, nordöstlich von Auspitz (Hustopeče)
Geschichte:
1286 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung, als die Brüder Leo und Kadold von Boleraditz, die hier begütert waren, dem Prämonstratenserkloster Sebrowitz bei Brünn (Brno), zwei Lehen in Gurdau überließen. Darin ist auch von der fest gebauten Kirche des Deutschen Ordens die Rede.
Der Namen änderte sich im Lauf der Jahrhunderte mehrmals. So wurde der Ort in Urkunden 1286 „Ciurdiow“, 1483 „Gurde“ und ab 1655 „Gurdau“ geschrieben.
1298 überließ Leo von Boleraditz dem Kloster einen Weinberg. Neben den Boleraditzen waren im 14. Jhdt. auch noch die Herren von Lipa (Leipa) hier begütert. 1337 tauschten Berthold und Cenék (Vinzenz) von Lipa (Leipa) das halbe Gurdau von Königin Elisabeth gegen das Dorf Wazanice ein. Die Herren von Lipa (Leipa) dürften im Laufe der Zeit auch die andere Dorfhälfte an sich gebracht haben, denn 1407 verschrieb Hynek von Lipa (Leipa) von ganz Gurdau dem Wilhelm von Pernstein einen Wald. 1522 gewährte Johann von Lipa (Leipa) den Gurdauern verschiedene Privilegien, die 1542 Berthold Vinzenz und Wilhelm von Lipa erweiterten. Gurdau war berühmt ob der guten Qualität des dort wachsenden Weines. So ließ Vinzenz von Lipa dem von ihm gegründeten Augustiner-Kloster in Mährisch Kromau (Moravský Krumlov) jährlich zwei Fass Wein aus Gurdau zukommen.
Um das Jahr 1500 war Gurdau evangelisch und ein Teil blieb es trotz einsetzender Gegenreformation im Dreißigjährigen Krieg bis 1673. 1541 erwarben die Täufer ein Haus bevor sie 1616 Gurdau wieder verlassen mussten. Die Herrschaft Gurdau kaufte damals von den Brüdern drei Weingärten und eine Badestube für 340 Groschen. 1590 erlaubte Johann von Lipa den Gurdauern, sich ihren Pfarrer selbst wählen zu dürfen, was 1595 vom neuen Grundherren, dem Grafen von Salm-Neuburg, bestätigt wurde.
1594 verkaufte Johann von Lipa (Leipa) die Herrschaft Göding (Hodonín), zu der damals auch Gurdau und ein Teil von Saitz (Zaječí) gehörten, für 310.000 mä.fl. an Julius Graf von Salm-Neuburg. Dessen Sohn Weinhart gab die Gödinger Herrschaft 1600 an den ungarischen Magnaten Stefan von Illyezhazy weiter.
Während des „Langen Türkenkrieges“ (1593-1606) wurde Gurdau von osmanischen Soldaten geplündert. Eine ähnliche Erfahrung machte das Dorf auch im Dreißigjährigen Krieg, als 1625 die Truppen des Siebenbürgers Bethlen Gabor und 1643 schwedische Truppen plünderten. Nachdem zwei Jahre später auch noch die Pest zahlreiche Opfer gefordert hatte, wurde die Pfarre aufgegeben und erst 1785 erneuert.
1614 verkaufte die Witwe Illyezhazys, Katharina von Pallfy-Erdödy, die Gödinger Herrschaft für 350.000 mä.fl. an Zdenek Zampach von Pottenstein. 1650 verkaufte die Witwe nach Hans Burian Graf Zampach die Herrschaft Göding an Friedrich von Oppersdorf.
1663/64 wurde der Ort abermals von türkischen Heerscharen geplündert. Viele Menschen wurden verschleppt. Erst nach der Schlacht bei Mogersdorf (im heutigen Burgenland) war die Bedrohung der hegemonialen Bestrebungen des Osmanischen Reiches für längere Zeit gebannt.
1692 wurde der Besitz für 720.000 fl an Johann Adam Fürst von Liechtenstein veräußert.
1705 überfielen Kuruzen Gurdau. 1785 wurde wieder eine Pfarre eingerichtet.
Johann Andreas von Liechtenstein vermachte die Herrschaft seiner Tochter Marie Antonie, verehel. Gräfin Czobor. Von dieser kam die Gödinger Herrschaft, und mit dieser auch Gurdau, an Franz Stephan von Lothringen (Kaiser Franz I.), dem Gemahl Maria Theresias. Von dieser Zeit an war Gurdau im Besitz der Habsburger bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918.
Im 19. Jh. wurde Gurdau im Zuge der Errichtung der neuen politischen Bezirke dem Bezirk Auspitz (Hustopeče) zugeteilt, dem er bis 1938 angehörte. Unter den Nationalsozialisten war Gurdau Bestandteil des neuen Landkreises Nikolsburg (Mikulov) im „Reichsgau Niederdonau“.
Der Zweite Weltkrieg forderte 72 Opfer unter den Gurdauern. Bei einem Fliegerangriff bzw. den Kampfhandlungen um das Ortsgebiet gab es auch drei zivile Opfer.
Vertreibung 1945/46:
Die den am 16. April eingetroffenen Sowjets nachfolgenden tschechischen Milizen begannen mit antideutschen Maßnahmen. Viele Gurdauer flüchteten vor den einsetzenden Nachkriegsexzessen über die tschechisch-österreichische Grenze. Ein Brand, den anscheinend ein kleines tschechisches Kind beim Spielen verursacht hatte, führte beinahe zu einem fatalen Missverständnis. Durch die Aussage eines tschechischen Einwohners wurde womöglich eine Tragödie abgewendet, da einigen deutschen Bewohnern angelastet wurde, dass sie ihre Häuser angezündet hätten, bevor diese beschlagnahmt werden konnten und ihnen gedroht wurde, sie in die Flammen zu treiben.
Nach der Beschlagnahmung ihres Eigentums wurden viele Gurdauer zur Zwangsarbeit in ein Arbeitslager nach Auspitz (Hustopeče) gebracht.
Zwischen dem 20. Mai und dem 3. Oktober 1946 wurde das „Potsdamer Protokoll“ vollstreckt und die noch nicht geflüchteten oder vertriebenen deutschen Gurdauer (178) nach Westdeutschland zwangsausgesiedelt.
Nach der Vertreibung blieben nur 36 Einwohner in Gurdau zurück. Von den nach Österreich geflüchteten bzw. vertriebenen Einwohnern blieben 136 in Österreich, meist in Wien, während die Restlichen nach Deutschland weiter transferiert wurden. Zwei Bewohner wanderten nach England aus.
Wirtschaft und Infrastruktur:
Landwirtschaft: um 1900 waren von den 906 ha Gemeindegebiet 548 ha Ackerland und 140 ha Weingärten. Dementsprechend spielte der Weinbau eine relativ bedeutende Rolle.
Gewerbe: Kleingewerbe.
Einrichtungen: Gemeindeschlachthaus (1850).
Kulturerbe:
Kirche St. Johannes d. Täufer: seit 1350, Umbau 1718, ehemalige Kirchenburg. Der Charakter einer Wehrkirche ist auch heute noch erkennbar.
Der älteste Teil der einschiffigen Kirche ist wahrscheinlich das Langhaus, an welches in der zweiten Hälfte des 15. Jh. ein Querschiff und der polygonal abgeschlossene Chor angebaut wurden (an einem Pfeiler das Wappen der Lipa bzw. Leipa und die Jahreszahl 1465, im Presbyterium die Jahreszahl 1483). 10 m von der Kirche entfernt der massive viereckige freistehende Turm, der früher zu ebener Erde keinen Eingang hatte. In der Kirche befindet sich unter der Apsis ein gewölbter Raum (Krypta), von dem aus unterirdische Gänge nach verschiedenen Richtungen führten (heute vielfach eingestürzt), die auch von einem in der Nähe befindlichen Gasthaus zugänglich waren. Die Kirche ist von einer starken und hohen, mit Schießscharten versehenen Mauer umgeben, welche in Stockhöhe an der Innenseite stark hervorstehende Kragsteine zeigt, die ehemals einen Wehrgang getragen hatten.
Allerheiligenkapelle: 1213 (Jahreszahl auf einem Stein), im ehemaligen Friedhof, der um die Kirche angelegt war und später verlegt wurde. 1850 zu einem Gemeindeschlachthaus umfunktioniert.
Siegel:
Für 1509 ist das älteste erhaltene, vermutlich 1490 entstandene Siegel datiert.
heimatkundliche Literatur:
Gregor, Gustav; Maschke Josef: Geschichte der Ortsgemeinde Gurdau, Heidelberg/Ilvesheim 1957.
Weblinks:
- Offizielle Gemeindeseite (tschechisch).
- Beschreibung auf Wikipedia.
Genealogie:
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