Urbau
Tschechischer Name: Vrbovec
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Fläche: 1.476 ha
Einwohner 1910: 1.075 in 225 Häusern (1.074 dt. Ew.), 1930: 1.138 iin 258 Häusern (1.114 dt. Ew.), 2010: 1.148.
heutiger Verwaltungsbezirk: Znojmo (Znaim)
Matriken: seit 1706.
Lage:
Urbau (Vrbovec) ist ein Breitangerdorf und liegt sieben Kilometer südöstlich von Znaim (Znojmo) und auf 217 m Meereshöhe. Zum Ort gehört ein Kellerdorf mit 255 Kellern an der Straße E 59 zwischen Kallendorf (Chvalovice) und Oblas (Oblekovice). Nachbarorte sind Naschetitz () im Norden sowie Kallendorf (Chvalovice) und Klein Tajax (Dyjákovičky) im Süden.
Geschichte:
Der Ort dürfte bereits um 1000 entstanden sein.
Das 1237 erstmals urkundlich erwähnte Dorf erhielt von Ottokar II. Přemysl 1252 mehrere Privilegien sowie ein Landgericht. In dieser Urkunde sind bereits Weingärten belegt. Bis 1724 war das Landgericht für 23 Ortschaften zuständig.
Nachdem Urbau das Privileg als „Freibauerndorf“ unter dem Schutz des Königs verloren hatte, gelangte ein Teil des Ortes unter die Herrschaft des Klosters Bruck, der andere unter jene von Znaim (Znojmo). Ab 1512 erlangte das Kloster die Gesamtherrschaft über Urbau.
Der Abt erneuerte 1604 die Weinbergrechte.
Der im 16. Jh. vorübergehend lutherische Ort wurde im Dreißigjährigen Krieg auch zum Kriegsschauplatz. 1645 wurde der Ort von den schwedischen Truppen des Generals Torstensson geplündert. Pestepidemien setzten der Bevölkerung im 17. Jh. ebenfalls zu.
Das Kloster Bruck forderte die Gerichtsbarkeit wogegen sich die Urbauer Bevölkerung wehrte. Als man 1692 selbst einen Prozess gegen einen Mörder führen wollte, kam es zu Ausschreitungen, als versucht wurde die Auslieferung des Delinquenten mit Militärgewalt zu erzwingen. Die Köpfe des Aufstandes wurden 1695 verhaftet und verurteilt, wobei Bürgermeister und Richter hingerichtet wurden.
Bereits davor und auch danach waren von der Urbauer Bevölkerung an den jeweiligen Kaiser (Leopold I., Karl VI.) Gesuche gestellt worden, die allesamt abgewiesen wurden. Nach dem letzten Gesuch von 1723 wurden alle Privilegien für null und nichtig erklärt. Nach anfänglicher Weigerung mussten die Urbauer aufgeben und dem Kaiser die Treue schwören.
Nach der Auflösung des Klosters Bruck 1784 kam Urbau an die Ritter von Liebenberg.
1841 vernichtete ein Brand fast den ganzen Ort. Typhus und Cholera forderten 1863 bzw. 1866 mehrere Opfer. 1848 begann der wirtschaftliche Aufschwung in Urbau. In den 1880er Jahren wurde mit Bergen, Guldenfurt und Neusiedl die Zentralkellerei Brünn gegründet. Weinverkaufsstellen wurden auch in Znaim, Brünn und Wien errichtet. Politisch verwaltet wurde Urbau vom Bezirk Znaim (Znojmo)
Nach Angliederung an das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938 wurde dieser Bezirk zum Kreis Znaim (Znojmo), zu welchem Urbau bis 1945 gehörte.
Im Jänner 1945 zogen durch Urbau Flüchtlingstrecks. Die Schule wurde zu einem Notspital umfunktioniert und neben dem Friedhof ein Soldatenfriedhof angelegt. Am 9. April wurde Urbau selbst Schauplatz des Zweiten Weltkrieges, als der Ort bombardiert wurde. Am 7. Mai verließen die letzten Wehrmachtssoldaten Urbau und einen Tag später zogen die sowjetischen Truppen im Ort ein. Bei den einsetzenden Gewaltexzessen wurde eine Frau erschossen.
Vertreibung der Urbauer Bevölkerung 1945/46: Die ersten „Revolutionsgardisten“ erschienen am 12. Mai in Urbau. Leute, die dem NS-Regime nahe standen oder der Partei angehörten sowie Ortsrepräsentanten wurden verhaftet. Insgesamt waren 13 Männer und Frauen in Znaim (Znojmo) interniert. Durch die Folgen von Misshandlungen gab es ein Todesopfer. Die meisten deutschen Urbauer wurden ihrer Häuser verwiesen, die wiederum von den Besetzern geplündert wurden. Am 14. August wurde ein Teil der Einwohner über Kleintajax (Dyjákovičky) nach Östereich vertrieben. Fast alle noch verbliebenen Deutschmährer in Urbau wurden im April 1946 nach Westdeutschland abgeschoben. Ebenso der größte Teil jener, die inzwischen in Österreich lebten.
Zu Urbau gehören heute Gerstenfeld (Ječmeniště) und Gnast (Hnízdo).
Wirtschaft und Infrastruktur:
Landwirtschaft: Urbau war die größte Weinbaugemeinde im Znaimer Bezirk (1925: 123,5 ha). Ansonsten wurden Getreide, Klee, Mais, Futterrüben, Kartoffeln, Bohnen und Gurken sowie viele andere Gemüsearten angebaut. Daneben gab es auch Viehwirtschaft (1910: 413 Rinder, 368 Schweine, 185 Ziegen) und Bienenzucht (138 Stöcke).
Gewerbe: zwei Ziegeleien (Urbauer Dachziegel, auch in Wien verwendet), Schrotmühle mit Saatgutreinigungsanlage und Weinhandel, daneben florierendes Kleingewerbe (darunter auch Kerzengießer und Mechaniker).
Einrichtungen: Gemeindehaus (1907 im alten Pfarrhaus/Schule), Gemeindebibliothek, Postamt (1911), Armenhaus, Zeughaus der Feuerwehr, Ärztehaus (Distriktsarzt), Volksschule (1906/07, Unterricht bereits 1657 belegt), Kindergarten, Freiwillige Feuerwehr (1894) bzw. Mädchenwehr während des Zweiten Weltkrieges, Konsumverein (1895/1901), Winzer-, Milch- und Jagdgenossenschaft, Raiffeisenkasse (1893).
Kulturerbe:
Pfarrkirche Johannes‘ Enthauptung (Pfarre urkundl. 1222): 1270-79, 1589 durch Brand vernichtet, 1747 Wiederauf- bzw. Umbau, Stichkappentonnengewölbtes Langhaus mit rechteckigem Chor. Mächtiger romanischer Turm mit gekuppelten Schallfenstern und gemauertem Helm. Klassizistischer Hochaltar, Altarbild von Joseph Winterhalter (14 Nothelfer). Im Presbyterium war ein Bild des letzten Abendmahls von Franz Anton Maulpertsch al fresco. Drei Glocken aus dem 17. und 18. Jh., die älteste wurde 1626 gegossen.
Pfarrhof, 1789.
Kapelle der Immaculata
Statuen, Säulen: hl. Florian, hl. Joh. v. Nepomuk erste Hälfte 18. Jh.; Immaculata 17. Jh., mehrere Dreifaltigkeitssäulen.
heimatkundliche Literatur:
Zuckriegl, Hans: Urbau – Ein südmährisches Grenzlanddorf, 1989.
Weblinks:
- vrbovec.wz.cz Offizieller Webauftritt der Gemeinde (tschechisch)
- vrbovec.wz.cz/vrbovec_de Kurzinformation der Gemeinde in deutscher Sprache
- wikipedia.org/wiki/Vrbovec_(Tschechien)
- europas-mitte.de/Urbau.pdf
Genealogie:
Blum, Robert: Personenverzeichnis Urbau
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