Wie 1918 ging auch 1945 die Tschechoslowakei als Sieger des Weltkriegs hervor. Der neue Staat war aber keine liberale Republik mehr, sondern erfuhr eine nationale und sozialistische Umgestaltung. Wesentlich dabei war die „Säuberung“ von den Deutschen. Unmittelbar nach Kriegsende erfolgte die sogenannten „wilden“ Vertreibungen von etwa 150.000 Menschen durch tschechoslowakische Armee- und Partisaneneinheiten über die Grenze nach Österreich. Tausende Menschen fielen Gewaltakten zum Opfer.
Die Alliierten forderten zwar in der Potsdamer Konferenz im August 1945, dass die Ausweisungen „human“ durchzuführen wären. Die Vertreibungen gingen aber dennoch weiter. Erst im Jänner 1946 begannen die organisierten Aussiedelungen in Richtung Deutschland, sodass Ende 1946 von den drei Millionen nur mehr etwa 250.000 in der ČSR geblieben waren.
Parallel dazu wurden die rechtlichen Grundlagen für die Entrechtung und Enteignung der Deutschen (und Ungarn) in einigen „Dekreten des Präsidenten der Republik“ (Beneš-Dekrete) geschaffen:
Dekret Nummer 5 stellte das gesamte deutsche Vermögen unter nationale Verwaltung;
– Dekret 12 regelte die Konfiszierung des landwirtschaftlichen, Dekret Nr. 108 des gesamten übrigen Vermögens und der Vermögenswerte (etwa Pensionsansprüche);
– Dekret Nr. 33 betraf den Verlust der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft und damit die rechtliche Grundlage für die Aussiedelung.
Die Ausnahmebestimmungen etwa für Nazi-Opfer kamen oft nicht zum Tragen, galt doch die Beweislastumkehr. Die im Lande verbliebenen Deutschen unterlagen einer Arbeits- und Kennzeichnungspflicht. Die Dekrete wurden 1946 zu Gesetzen erklärt und sind zum Teil bis heute gültig. Das sogenannte Amnestiegesetz (Nummer 115/1946) sah die Legalisierung von ansonsten strafbaren Taten vor, wenn sie „zur gerechten Vergeltung für die Taten der Okkupanten und ihrer Helfer“ begangen wurden.
(Text von Brigitta Appel und Niklas Perzi)